Was ist ein Ertragswert, Sachwert oder Vergleichswert - Muss ich das Wissen?
Ratgeber Bewertung
Ja, Sie sollten! Zumindest sollten Sie wissen, dass der Ertragswert, der Sachwert oder der Vergleichswert nur Ergebnisse von bestimmten Methoden zur Verkehrswertermittlung sind, die nicht dem Verkehrswert entsprechen müssen.
Die Ertragswert-, Sachwert- oder Vergleichswertmethode können in jedem Fall angewendet werden, führen jedoch nur unter bestimmten Bedingungen zu einem verwertbaren Ergebnis.
Verwertbar wird das Ergebnis nur dann, wenn Daten und Zahlen einfliessen, die aus vergleichbaren Objekten objektiv und auf die gleiche Art und Weise abgeleitet wurden. Die Unterschiede oder Abweichungen der Objekteigenschaften dürfen hierbei nur in einem Rahmen liegen, der eine hinreichend genaue Wertermittlung erlaubt. Hierzu müssen wiederum Kenntnisse über die Auswirkungen von Unterschieden und Abweichungen erforderlich.
Mit anderen Worten: Der Wert eines bestimmten Apfels kann nur ermittelt werden, wenn Äpfel mit Äpfeln und nicht mit Birnen verglichen werden.
Alle Wertermittlungsmethoden sind Vergleichswertermittlungen!
Auch die Ertragswert- und Sachwertmethoden beruhen auf Auswertungen, die aus vergleichbaren Objekten abgeleitet wurden.
Wenn also z.B. aus Online- oder Zeitungsinseraten ungeprüfte, unvollständige und unterschiedliche subjektive Angaben zu Grunde gelegt werden, werden bei einer unkorrigierten und ungefilterten Auswertung Äpfel mit Birnen verglichen. Dabei ist nicht zu unterstellen, dass bewusst unrichtige oder unvollständige Angaben getätigt werden. Inserate und Exposés dienen nicht dazu, die zur Wertermittlung erforderlichen Daten vollständig anzugeben, sondern das Interesse durch eine kurze und knappe Darstellung der Immobilie zu erwecken.
So ist die Auswertung von entsprechenden Angebotspreisen, die bei vielen Online-Portalen angeboten wird, zwar eine gewisse Vergleichspreisermittlung, hat jedoch mit einer Verkehrswertermittlung keine Gemeinsamkeiten.
Tipp
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat eine Vergleichswertrichtlinie (VW-RL) veröffentlicht. Hierin sind auch die Anwendungsvoraussetzungen zur Vergleichswertermittlung enthalten.
Nur wenn die gleichen objektiven Maßstäbe angelegt und tatsächlich erzielte Kaufpreise miteinander verglichen werden, kann mit der Anwendung der Ertragswert-, Sachwert- oder Vergleichswertmethode ein Verkehrswert ermittelt werden. Hierbei ist neben der Analyse des Zustandekommens des Kaufpreises eine Objektbesichtigung unter Feststellung der objektiven Kriterien unerlässlich.
Verbleiben nach der Zuordnung von objektiv vergleichbaren Objekten mit möglichst vielen vergleichbaren Eigenschaften nur noch wenige Objekte, ist andererseits eine Auswertung nicht immer repräsentativ.
Die Wahl der Wertermittlungsmethode und die Aussagekraft der Ergebnisse hängen entscheidend von den zur Verfügung stehenden Angaben ab.
Der Ertragswert ist von Bedeutung, wenn mit Immobilien Gewinne, d.h. Renditen erzielt werden sollen. Typische Objekte sind Mehrfamilienwohnhaus- oder Bürogrundstücke.
Die Herstellungskosten sind grundsätzlich hoch und im Verhältnis nur untergeordnet von der Lage abhängig. Die Errichtung eines großen Bürogebäudes oder mehrstöckigen Geschosswohnungsbaus wäre auch in nicht nachgefragten ländlichen Gebieten mit hohen Kosten verbunden. Dem gegenüberstehende Mieteinnahmen sind jedoch gering oder im schlechtesten Fall nicht vorhanden. Der gewünschte Zweck, durch auslösende Investitionen Gewinne zu generieren, würde sich nicht einstellen. Solche Objekte sind daher in strukturschwachen Räumen nicht oder nur sehr selten vorhanden. Im umgekehrten Fall können in stark nachgefragten Ballungszentren mit vergleichbaren Investionen verhältnismäßig hohe Mieteinnahmen bzw. Renditen erzielt werden. Die Anzahl der Vergleichsobjekte sowie die zur Wertermittlung erforderlichen Angaben und damit die Aussagekraft von Auswertungen steigen entsprechend an. Dennoch können bei diesen Immobilien die reinen Herstellungskosten nicht als Wertmaßstab herangezogen werden.
Der Sachwert steht im Vordergrund, wenn der Zweck der Immobilie nicht der Renditeerzielung, sondern der Erfüllung eigener Wünsche oder Bedürfnisse dient. Dies sind typischer Weise Einfamilienwohnhausgrundstücke. Hier spielen die Herstellungskosten und die Preise für unbebaute Grundstücke eine wesentliche Rolle. Auch sind diese sowohl in ländlichen Räumen als auch in Ballungszentren in größerer Anzahl anzutreffen. Da Einfamilienwohnhausgrundstücke jedoch selten vermietet werden, sind nur wenige Vergleichsmieten oder -erträge zur Anwendung des Ertragswertverfahrens vorhanden. Der Ertragswert hat daher bei diesen Objekten eine geringere Aussagekraft.
Die Vergleichswertmethode kann in den Fällen angewendet, in denen eine ausreichend große Anzahl tatsächlich realisierter Vergleichspreise von hinreichend vergleichbaren Objekten vorliegen, die zudem innerhalb eines kurz zurückliegenden Zeitraums gezahlt wurden. Die Abweichungen in den Beschaffenheiten und Eigenschaften dürfen nur so groß sein, dass diese bereits mit geringen Zu- oder Abschlägen erfasst werden können. Bei bebauten Grundstücken können diese Forderungen nur selten erfüllt werden, so dass die Methode hauptsächlich bei unbebauten Grundstücken angewendet werden kann.