Gutachten, Kurzgutachten - Welches Gutachten brauche ich?
Ratgeber Bewertung
Der Inhalt und Umfang als auch die Verbindlichkeit und die Verwertbarkeit eines Gutachtens oder auch Vollgutachtens ist an und für sich klar umrissen. Die Vorgehensweise und Hinweise hierzu sind in vielen Veröffentlichungen vorhanden und auch in Wertermittlungsrichtlinien enthalten.
Dies gilt jedoch nicht für ein sogenanntes Kurzgutachten.
Obwohl die Bezeichnung weit verbreitet ist, ist unklar, was mit einem Kurzgutachten gemeint ist. Das Adjektiv "Kurz" kann sich auf die Länge des Gutachtens beziehen als auch den sachlichen Inhalt.
Was unter einem Kurzgutachten zu verstehen ist, ist daher grundsätzlich zwischen dem Auftraggeber und dem Sachverständigen zu vereinbaren.
Hinweis
Die Länge eines Gutachtens oder die Anzahl der Seiten werden weder gesetzlich, noch in einer Verordnung oder einer Richtlinie vorgeschrieben. Auch ein inhaltlich kurzes Gutachten unterliegt den üblichen Anforderungen, die an ein Gutachten gestellt werden. Über die Qualität und den Erstellungsaufwand sagt die Länge nichts aus.
Ein (Voll-)Gutachten wird jedoch nicht für alle Zwecke benötigt. Werden lediglich eine richtungsweisende Vermögensübersicht oder ein Überblick gewünscht, ist ein Kurzgutachten nach Erläuterung von nicht berücksichtigten Gegebenheiten durchaus ausreichend. Damit unbekannte Abweichungen jedoch nicht zu sehr ins Gewicht fallen, wird empfohlen, sich auf Ein- und Zweifamilienwohnhausgrundstücke sowie Wohnungseigentum zu beschränken.

Werden tatsächliche Vermögensdispositionen aufgrund eines Gutachtens beabsichtigt, sollte von einem Kurzgutachten jedoch Abstand genommen werden. Dies ist nicht nur bei einer Veräußerung oder einem Erwerb der Fall, sondern auch in den Fällen, bei denen kein Verkauf oder Kauf an Dritte bzw. ein Eigentumswechsel stattfindet.
Tipp:
Sollten Sie Vermögensdispositionen aufgrund eines Gutachtens planen, wird dringend dazu geraten, das Gutachten von einer unabhängigen Person anfertigen zu lassen. Unabhängig ist eine Person nur dann, wenn Sie weder in den Veräußerungsvorgang noch in die Finanzierung eingebunden ist bzw. keine wirtschaftlichen Vor- oder Nachteile von einer stattfindenden oder nicht stattfindenden Veräußerung hat.
Beim Kauf/Verkauf von Immobilien dient ein Gutachten überwiegend zur Verschaffung einer Ausgangslage für Verhandlungen. Sollte eine verbindliche und umfassende Ausgangsbasis wichtig sein, sollten Sie sich auch für die Beauftragung eines (Voll-)Gutachtens entscheiden. Ist Ihnen eine weniger umfassende und nur teilweise verbindliche Ausgangslage ausreichend, jedoch ein wesentlich geringer ausfallendes Honorar wichtiger, könnten Sie in einem Kurzgutachten eine Alternative finden.
Ein Gedankenanstoß zum Schluss:
Bei Immobilien geht es grundsätzlich um (relativ) hohe Summen. Daher sollten Sie von Anfang an die Entscheidungsgewalt behalten und weitsichtig handeln. Fragen Sie sich, ob bei einer Beratung tatsächlich Ihre Interessen oder die Interessen des Beraters im Vordergrund stehen. Auch wenn hierzu im Voraus ein gewisser Aufwand zur Beschaffung von objektiven, verbindlichen und unabhängigen Informationen erforderlich ist, wird sich die Zeit- und Kosteninvestion später lohnen.