Preise und Märkte
Die Preisbildung auf dem Immobilienmarkt ist wie jeder andere Markt in einer freien Marktwirtschaft keinen besonderen Zwängen unterworfen. Kaufpreisgestaltungen werden weder vorgeschrieben oder reglementiert noch sind Verhandlungen über den Kaufpreis in irgendeiner Art und Weise unzulässig. Die Grenzen werden lediglich durch eine Sittenwidrigkeit abgesteckt. Dennoch kann man sich nicht dem Eindruck verwehren, dass einige Marktteilnehmer von einer nahezu gegenteiligen Annahme ausgehen und Immobilienkaufpreise als unverhandelbar, vorausberechenbar und reglementiert betrachten.
Wie entstehen Angebotspreise?
Angebotspreise kommen im Wesentlichen auf zwei unterschiedlichen Wegen zu Stande.
Weg 1: Der Makler bestimmt den Angebotspreis
Bei einer der ersten Kontakte eines Verkäufers mit einem Makler wird obligatorisch auch der Angebotspreis erörtert. Obwohl die Aufgabe eines Immobilienmaklers in erster Linie in der Verschaffung von Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags besteht und weder der Anbieter noch ein Interessent ist, wird ihm oftmals gestattet, auf das Kerngeschäft mit dem Kaufpreis als einer der zentralen Punkte Einfluss zu nehmen. Von vielen Verkäufern (und nicht nur von diesen) wird dies teilweise sogar verlangt. In anderen Bereichen wäre das undenkbar.
Wie ist das möglich?
- Zum einen kommen die meisten Anbieter selten in die Gelegenheit eine Immobilie zu veräußern. Von Erfahrungswerten über Immobilienpreise kann nicht wirklich gesprochen werden. Die Frage nach einem möglichen Angebotspreis ist daher verständlich.
- Es sollte es kein Geheimnis sein, dass es zum Handwerk eines Maklers gehört, nicht nur eine Immobilie, sondern auch scheinbar erforderliche Dienstleistungen zu vermitteln.
Bei fehlenden Berufszulassungsregelungen oder gesetzlich geforderten Sachkundenachweisen dürfte dies zu den wichtigsten Voraussetzungen der erfolgreichen gewerblichen Maklertätigkeit gehören.
Die Folge ist, dass bei vielen Anbietern der Eindruck entsteht, es gäbe insbesondere durch scheinbar kostenfreie Leistungen keine wirklichen alternativen Informationsmöglichkeiten. Dies verschafft zudem die wichtige Ausgangsposition, dass ein Hinterfragen eines Angebotspreises oder auch einer Wertermittlung sehr selten und eine Gegenüberstellung mit einem Gutachten eines qualifizierten Sachverständigen nahezu ausgeschlossen ist.Die Vielfalt an spezieller und anwendungsfreundlicher Wertermittlungssoftware für Makler ist hierbei zuträglich. Sie ist einfach und ohne weitere Sachkunde zu bedienen, liefert dennoch vermeintlich seriöse Ergebnisse und vermittelt durch eine entsprechende Aufmachung des Berechnungsausdrucks zusätzliches Vertrauen.
Günstig ist, dass eine Wertermittlung bei Bedarf als ein generell automatisierter und schematischer Ablauf beschrieben werden kann, zu der besondere sachverständige Kenntnisse eigentlich nicht notwendig sind. Tatsächlich ist die Einflussnahme auf das Ergebnis durch eine für Laien nicht mögliche Nachvollziehbarkeit der Eingabedaten und Berechnungsmethoden beliebig.
- Auch der Makler hat ein Interesse an der Gestaltung des Angebotspreises.
Wesentlich stärker als die Höhe der Courtage wirkt sich die Vermarktungsdauer auf das Maklergeschäft aus. Da während der Vermarktungsdauer regelmäßig keinerlei Einkünfte zu verzeichnen sind, ist eine möglichst (sehr) schnelle Kaufvertragszeichnung wünschenswert. Die Einflussnahme entweder auf die Courtage oder auf die Vermarktungsdauer durch die Bestimmung des Angebotspreises ist daher eine ideale und erstrebenswerte Ausgangsposition.
Wird eine Einflussnahme auf den Angebotspreis vereinbart, wird das Geschäft aus den Händen gegeben und der Makler bestimmt den Angebotspreis.
Weg 2: Der Anbieter bestimmt den Angebotspreis
Nicht jeder Anbieter lässt sich hinsichtlich der Überlegungen zu einem Angebotspreis beeinflussen oder nimmt die kostenintensiven Dienstleitungen eines Maklers in Anspruch.
- Einige Anbieter sind davon überzeugt, dass eine Immobilie mindestens zum Anschaffungspreis, meist jedoch zu einem höheren Kaufpreis veräußert werden kann. Der Angebotspreis bestimmt sich sodann nach dem Grundsatz - "Ich weiß doch was ich bezahlt habe!"
- In manchen Fällen wird der Angebotspreis an dem Kaufpreis für die baugleiche Nachbarimmobilie festgemacht, selbst wenn diese gerade modernisiert wurde oder eine wesentlich abweichenden Grundstücksfläche aufweist. Nicht selten wird auch gedanklich der bei der Errichtung vorhandene gehobene Ausstattungsstandard über Jahrzehnte eingefroren.
- Es werden kostenfreie Online-Bewertungen wahrgenommen. Nicht selten gelingt es einigen Dienstleistern, über eine undurchschaubare Online-Bewertung als Lockmittel personenbezogene Akquisedaten zu gewinnen und legal aufgrund der Einwilligung der Betroffenen an Makler zu verkaufen.
- Auf der anderen Seite lassen sich einige Anbieter sachverständig beraten oder ziehen ein Verkehrswertgutachten eines qualifizierten Sachverständigen zur Orientierung heran.
Die Bandbreite der Angebotspreise ist auch hier entsprechend groß.
Wie entstehen Kaufpreise?
In einem Kaufpreis spiegelt sich die oftmals bei Anbietern nicht bekannte Nachfragesituation wider. Er entspricht keineswegs immer dem Angebotspreis und entwickelt sich nicht nur anhand der Möglichkeiten und den Wünschen von Kaufinteressenten. Der Zufall spielt eine entscheidende Rolle.
1. Das Angebot an vergleichbaren Immobilien
Stehen in der Region des Verkaufsobjekts viele mehr oder weniger vergleichbare Immobilien zum Verkauf aus, ergibt sich naturgemäß eine Konkurrenzsituation. Bei wenigen Objekten wendet sich das Blatt dementsprechend. Unmittelbare Vorhersagen über die Situation während der Vermarktung sind jedoch nur eingeschränkt möglich.
2. Die Vermarktungsdauer
Die Vermarktungsdauer hat einen großen Einfluss auf den Kaufpreis. Sieht sich der Verkäufer besonderen Zwängen ausgesetzt, beschränken sich die Wahlmöglichkeiten. Muss eine Veräußerung innerhalb kurzer Zeit erfolgen, werden sich nur bei einem entsprechenden Angebot bzw. Nachlass ausreichend viele Interessenten melden.
Ist der Verkäufer diesbezüglich ungebunden, gibt er auch dem Zufall eine Chance, dass ein Interessent aus persönlichen oder sonstigen Gründen die Bereitschaft zeigt, einen höheren Kaufpreis zahlen.
3. Die Marktintransparenz
Aus der fehlenden Durchsichtigkeit des Immobilienmarkts und der mehr oder weniger vorhandenen Unerfahrenheit sowohl des Anbieters als auch des Interessenten ergeben sich unterschiedliche Vermarktungsstrategien. Der Angebotspreis kann bewusst mit genügend großem Verhandlungsspielraum angesetzt werden, so dass nach Verhandlungen der tatsächlich gewünschte Kaufpreis erzielt wird und auch der Interessent aufgrund der von Nachlässen zufrieden ist. Ein Angebotspreis kann auch als unverhandelbar dargestellt werden, um den Eindruck zu vermitteln, dass für das Objekt eine große Nachfrage besteht. Begleitet wird die Situation durch die Frage, ob das Verhandlungsgerüst auf einem unabhängig und verbindlich ermittelten Marktwert, einem unverbindlichen Kaufpreisvorschlag oder eigenen Vorstellungen aufgebaut wurde. Der Kaufpreis ergibt sich somit auch aus unberechenbaren Unwägbarkeiten und Unsicherheiten.
4. Die Anschaffungskosten bei einem Neubau
Bei dem Wunsch nach einem Eigenheim oder auch einer gewerblichen Immobilie ist der Interessent nicht an die Angebote gebrauchter Immobilien gebunden. Die Angebote und Preise von unbebauten Grundstücken und die Herstellungskosten für Gebäude und Außenanlagen stehen als Alternative zu den Kaufpreisangeboten bestehender bebauter Grundstücke gegenüber.
Angebotspreise und Kaufpreise kommen auf sehr unterschiedliche Weise zu Stande. Selbst eine aufwändig gestaltete Auswertung von Angebotspreisen steht schon daher mit einer Wertermittlung auf der Grundlage tatsächlich erzielter Kaufpreise nur entfernt in Verbindung. Ein einzelner Angebotspreis hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung.